Steinbock am Tag

Steinbock am Tag

Im neuen Jahr ist das erste Tages-Tierkreiszeichen, der Steinbock, am Himmel. Sein Abbild auf der Erde befindet sich im Kalischen Land in einem waldlosen Gebiet in der Umgebung des Ortes Zbiersk als ein Teil des nördlichen Sonnenkalenders.

Es handelt sich um ein Gestirn, das am Himmel nur schwer zu erkennen ist. Dennoch wurde diese Konstellation schon in der frühesten Geschichte der Menschheit entdeckt. Bereits in Babylonien stellte man das Bild des Steinbocks mit einem Fisch am Schwanz dar.

Durch dieses Tierkreiszeichen verläuft die Linie, die man als Wintersonnenwende bezeichnet. Das ist der Zeitpunkt, zu dem die Sonne von der nördlichen Halbkugel der Erde aus gesehen, den niedrigsten Stand oberhalb des Horizontes erreicht. An der südlichen Hemisphäre ist dann Sommer und somit der höchste Sonnenstand.

In dieser Zeit liegt der kürzeste Tag des Jahres. Der Zeitraum, an dem es hell ist, entspricht etwa einem Drittel der Helligkeitsdauer des längsten Tages im Sommer und so ist in dem Moment auch die längste Nacht. Dieser Sachverhalt war schon 3000 Jahre vor unserer Zeitrechnung bekannt (s. das Epos Gilgamesch).

Nach der Wintersonnenwende ändert die Sonne von der Erde aus gesehen, ihren Lauf, sie nähert sich immer mehr der Nordhalbkugel und die Tage werden dadurch länger.

Im Kalender auf dem Kalischen Land sieht es so aus, als ob der Stier im nördlichen Teil des Tierkreises eine besonders große „territoriale“ Macht habe. Von der Figur ist nicht nur der Kopf als Punkt auf dem Meridian des Kalenders im Ort Zosińki zu sehen, sondern sie breitet sich bis zum Fluss Bawół-Czarna-Struga und seinen Kanälen aus.

Steinbock am Tag

Im inneren Kreis des Kalenders, den Tierzeichen am Tag, erwecken die Figuren den Eindruck, als würden sie untereinander agieren. Dieses Phänomen wird deutlich ab dem Zeichen des Weißen Adlers im Westen in Piskory, in dessen Inneren der Schütze-Ritter im Ort Jarantów-Stawiszyn liegt, weiter der Steinbock in Zbiersk und am Ende der Wassermann in Petryki schon ganz im Osten.

Es sieht so aus, als ob der Steinbock der Wintersonnenwende dem Zeichen des Stieres auf dem Nachtkreis und dessen Form im Ort Zosińki am Meridian gleichkäme.

Der Stier nimmt auf dem Tierkreisbogen einen Abschnitt ein, der dem Winkel von 36,7° entspricht, der Schütze auf dem Rand des Sektors mit 33,3°, der Steinbock mit 28° und der Wassermann mit 24°.

Es lässt sich erkennen, dass sich die Zeichen des inneren Kreises von Westen nach Osten ausbreiten und die des Außenkreises in entgegengesetzter Richtung.

So entsteht eine Spirale, wie man sie oft zur Darstellung eines Labyrinths oder auch in der Kunst verwendet.

Stellt man sich diesen Sachverhalt zweier gegengleich verlaufender Spiralen im Dreidimensionalen vor, ergibt sich die Form von speziellen Ohrringen und Spangen, die man oft als Artefakte gefunden hat, z. B. auch als Zeichnung auf Urnen.

Die zwei Kreise des Kalenders liegen wie ein Kugellager ineinander. Die Spiralbewegung ist auf eine Fläche reduziert, sie stellt die scheinbare Bewegung der Sonne dar.

Dieses Phänomen erklärt man durch die scheinbar verschiedenen Positionen der Sonne im Jahr im Verhältnis zur geneigten, um sich selbst rotierenden und die Sonne umlaufenden Erde.

Ein alter Bauerntanz empfindet diese Bewegung nach, heute unter dem Begriff „Polonaise“ bekannt.

Wenn im Winter die Sonne die südliche Halbkugel der Erde beleuchtet (im Kalender des Kalischen Landes liegen diese Gebiete südlich des Äquators, der durch den Fluss Pokrzywnica dargestellt wird), sprechen wir im Norden von der Wintersonnenwende.

Das ist die Zeit im Jahr, wenn wir den kürzesten Tag und die längste Nacht haben und mit Sehnsucht das „Licht“ erwarten. In alten Zeiten ohne „künstliches Licht“ war dieses Ereignis für die Menschen sehr wichtig. Heute feiern wir zu dieser Jahreszeit Weihnachten.

Der Steinbock ist auf dem Kalischen Land als ein sehr schönes Tier abgebildet. Die Figur erstreckt sich entlang des Meridians. Ihr Kopf, am Himmel der Stern Alpha Cap Algedi, liegt im ältesten Ort dieser Region, in Zbiersk, auch unter dem Namen Ścibiersko oder Scziberzco bekannt (s. Paweł Anders „Region Kaliski“).

Im Jahre 1852 gründete der Fabrikant, Wilhelm Repphan aus Kalisz in Zbiersk eine Zuckerfabrik. Dabei handelt es sich um den Mann, der zuvor der neugebauten, evangelischen Kirche auf dem ehemaligen Gelände des Königschlosses in Stawiszyn ein kostbares Gemälde gestiftet hatte.

Das Land in der Umgebung eignete sich besonders gut für den Anbau von Weizen und Zuckerrüben. Zbiersk war weithin bekannt für seine herrlichen Eichenwälder und einen erstaunlichen Reichtum an Kräutern und Pilzen. Auf den oft überfluteten Wiesen war Torfabbau möglich. Es gab hier ein Sägewerk, zwei Wassermühlen, eine Schmalspurbahn namens Ciuchcia und eine Ziegelei und auch eine Kirche, die der heiligen Urszula.

Zuckerfabrik in Zbiersk

Der Steinbock erstreckt sich nach Süden bis zur Siedlung Żelazków. Seine Reichweite ist sehr groß. Außerdem trägt er auf dem Rücken ein weiteres Tierkreiszeichen des Kalischen Landes, den Wassermann, geformt durch ein Waldgebiet östlich der Siedlung Petryki.

Im gekrümmten Schwanz des Steinbocks liegt der hellste seiner Sterne, Daneb Algedi, in Goliszew und Żelazków. Er ähnelt einem Fisch oder einer Fischflosse.

In der Figur des Wassermanns haben sich noch andere Gestalten versteckt. Dies sind nicht unbedingt vollständige Körper, sondern oft nur menschliche Köpfe in riesigen Helmen. Wenn Sie die Satellitenkarte aus größerer Entfernung betrachten, sehen Sie nur einen Ritter, dessen Kopf den südlichen Teil des Steinbocks ausfüllt.

Sein Profil zeigt nach Westen, der komplette Kopf nach Süden. Nördlich der Figur befindet sich ein weiterer Kopf mit Hut in deren Unterkiefer. Wenn Sie das Bild vergrößern, sehen Sie drei aufeinanderfolgende Figuren, die eine nach der anderen in südlicher Richtung angeordnet sind.

Das Gebiet mit all diesen Figuren zieht sich entlang der Meridianlinie des Kalenders im Kalischen Land.

Es ist der Ort der höchsten Position der Sonne während des Tages, am Mittag und im Sommer und der niedrigsten im Winter.

Dies lässt den Schluss zu, dass die Figur in Złotniki Wielkie der Göttervater Zeus ist und in seinem Unterkiefer sein Sohn Hermes abgebildet ist. Der griechischen Mythologie zufolge befand sich der Sohn von Zeus in der „Unterwelt“, im übertragenen Sinn im Unterkiefer seines Vaters und war dadurch sein Sprecher.

Der höchste Gott liegt an der Meridianlinie, aber in dem Moment befindet er sich in der „Unterwelt“, d.h. auf der südlichen Halbkugel der Erde.

Seine auf der Landfläche gezeichnete Kopfbedeckung, ein Helm, schockiert durch sein Aussehen. Seine Form ist untypisch für die Statue des Zeus, sie ähnelt eher dem Helm des Echnaton, Pharao von Ägypten, oder auch dem Helm der Athene, der Tochter des Zeus.

Auf diesem Bild findet man drei weitere Gestalten mit einem Helm. Wer sind sie, wen oder was repräsentieren sie? Eine Erklärung liefert das nächste Tierkreiszeichen, der Wassermann.

Hermes

Der Steinbock trägt auf seinem Rücken eine große Last, vielleicht ein Geschenk zur Feier der Wintersonnenwende.

Steinbock mit Wassermann und weiteren Figuren

Er bringt die Hoffnung auf die Sonne, die von Süden nach Norden wandert, entsprechend der Richtung der bereits erwähnten Figuren.

Hier möchte ich eine Bauernweisheit einbringen, die in Polen oft mit dieser Jahreszeit in Verbindung gebracht wird: „Na nowy rok barani skok“, d.h. der Bock macht den Sprung in das neue Jahr, dementsprechend sollen die Tage wieder länger werden.

Kommen wir zurück zu der auf dem Boden geformten Gestalt. An ihrem Kopf befindet sich noch eine weitere Figur. Sie liegt in Zbiersk Kolonia und ist verhältnismäßig klein.

Zeus mit einer ungewöhnlichen Kopfbedeckung

Im Sternbild Steinbock erkennt man den Stern Beta Cap, genannt Dabih (aus dem alten Arabischen mit der Bedeutung „Glück des Schlachtenden“).

Auf dem Kopf des Steinbocks steht eine kleine Ziege

Nach der Mythologie über das Zeichen des Steinbocks sollte dieser sogenannte Schlächter den Steinbock töten und ihn als Opfergabe den Göttern überbringen mit der Bitte um das Licht und als Dank für die Rückkehr der Sonne.

Und tatsächlich lässt sich so ein „Schlächter“ auf dem Kalischen Land erkennen. Ein Ziegenböckchen sitzt auf dem Kopf des Steinbocks und teilt diesen in zwei Stücke.

Der Platz, an dem die Teilung stattfindet, ist ein feuchtes, aus Weiden bestehendes Gebiet in der Umgebung von Łyse Góry und Błoni.

Das bedeutet, dass das auf dem Boden dargestellte Geschehen sich kaum unterscheidet von den Erzählungen der Babylonier und der Beschreibung von Ptolemäus in „Almagest“, einer Arbeit über die Sterne, die zum ersten Mal von Arabern in der ehemaligen spanischen Alhambra (Andalusien) übersetzt wurde.

Bei der weiteren Betrachtung des Steinbocks fällt auf, dass seine Vorderbeine in dem Tierkreiszeichen davor, dem Schützen, liegen.

Gleichzeitig kann man erkennen, dass die Füße des Schützen, der durch die Gestalt eines Ritters dargestellt wird, das Herz des Steinbocks in Stawiszyn formen.

Stawiszyn während der Flut, Foto Jerzy Widerski

Wenden wir uns nun der bisher noch nicht erklärbaren Etymologie des Ortsnamens Zbiersk im Kopf des Steinbocks zu. Im Sonnen- und Mondkalender des Kalischen Landes sind die Köpfe der Figuren meistens die aussagefähigsten Elemente.

Laut den meisten schriftlichen Quellen ist Zbiersk eine Siedlung, die früher Ścibiersko und Scziberzco hieß. Der heutige Name Zbiersk könnte eine Vereinfachung des ursprünglichen Wortes sein, das früher beispielsweise eine Gemeinschaft von Menschen, oder eine große Ansammlung von Wasser bedeutet haben könnte und vielleicht sogar auch das Sammeln bestimmter Waldprodukte wie Kiefernharz, Pilze, Blaubeeren, usw.

Die Gewinnung von Harz im Wald um Zbiersk. Foto aus der Sammlung von Jerzy Włodarski

Aleksander Brückner gibt im „Etymologischen Wörterbuch der polnischen Sprache“ einige Beispiele, die den Ursprung der alten, mit „ber“ verbundenen Namen wie Ściborsko oder Scziberzco erklären.

Die erste Bezeichnung setzt sich aus zwei Wörtern „Ści” und „biersko” zusammen.

„Ści” steht in diesem Zusammenhang für wegähnliche Begriffe wie z.B. „Pfad“, tatsächlich ist Zbiersko ein Ort, der an einem Hauptweg liegt.

Das Wort „biersko“ könnte von „biera“ stammen, worunter man „bierka“ versteht so wie Los (Schicksal) oder auch „birka“ (ungarisch) = Schaf mit dickem Schwanz.

Ein ähnlich lautendes Wort ist „biernie“ = tatenlos.

„Birw“ ist ein sehr alter, fast „vergessener“ Begriff der polnischen Sprache mit der Bedeutung Balken, Steg.

Nach diesen Überlegungen ergibt sich also für den ersten Teil des Wortes Ścibiersko „wichtiger Weg“ (entlang des Meridians) und für den zweiten Teil „Schafsbock“ oder „Steinbock“, der sich darauf befindet.

Der zweite Ausdruck „Scziberzco“ könnte bedeuten, etwas anbeten, um eine Person zu ehren, ein Festmahl ausrichten, oder zum Beispiel, ein Schaf als Opfergabe mit der Bitte oder dem Dank für die neue Sonne, schlachten.

Im inneren Teil des Ortsnamens sind von der Wortbedeutung her viele Ähnlichkeiten zu der dargestellten Figur auf dem Boden und der alten Mythologie enthalten.

Die alte Siedlung Zbiersk liegt genau in einem Auge des Steinbocks. Das Gebiet ist bewaldet und bis heute befindet sich der Friedhof des Dorfes an der westlichen Seite der heutigen Straße Nr. 25.

Zbiersk, – Schmalspurbahn und Gleise. Foto von Andrzej Matusiak

Östlich des Auges befinden sich unterschiedlich große Teiche, die möglicherweise nach dem Sandabbau von den Dünen entstanden sind.

Nach der Abtragung des Sandes ist die Landfläche niedrig und daher sehr feucht.

In der Umgebung von Zbiersk, Dünen mit Stauwasser

Auf dem Rücken des Steinbocks ist der Wassermann zu erkennen, beladen mit einer Last.

An dem nördlichen Rand des Auges liegt eine Zuckerfabrik und ebenfalls an der Straße Nr. 25 ein sehr bekanntes Sägewerk. Nicht weit davon entfernt erstreckt sich eine große, eiszeitliche Düne, die Zbójnicka (=Bandit) Góra (Berg), auch Zbójna Góra genannt. Heute gibt es noch Legenden, die erzählen, dass es an diesem Ort Räuber gab, die durchreisende Händler auf ihrem Weg von Kalisz nach Konin, Kruszwica oder Toruń angegriffen haben.

Der erwähnte Berg ist Teil einer Ansammlung von Dünen, die sich parallel in der Umgebung des Steinbockkopfes ausbreiten. Dazu gehören auch die Hügel Łyse Góry.

Die Dünen sind Überreste der letzten Eiszeit. Sie sind deutlich zu erkennen und könnten vor langer Zeit sogar bewohnt gewesen sein, wenn die Menschen im Winter aus den tiefliegenden Bereichen des Landes vor dem einfließenden Wasser fliehen mussten.

Das Wasser floss von den Dünen in den Fluss Bawół und machte ihn zu einem reißenden Strom.

Die immer wiederkehrenden Überflutungen und die stehenden Gewässer erklären die großen Torfvorkommen. Der Torf wurde als Brennmaterial gebraucht.

Durch Zbiersk geht der Meridianweg, d.h. die Mittellinie des Kalenders. Sein Verlauf entspricht in etwa der Fahrtroute der alten Schmalspurbahn, die die Strecke von Opatów durch Żelazków, Złotniki, Petryki bis Zbiersk durchläuft und sogar über Łyse Góry führt, der Stelle, an der der Steinbock an den Wassermann grenzt.

Schmalspurbahn neben der Straße. Foto von Andrzej Matusiak

Wie bereits erwähnt, liegt die alte Siedlung von Zbiersk in einem Auge des Steinbocks und viele weitere Figuren des Kalenders befinden sich auf dem Kalischen Land um seinen Kopf herum.

Das erkennt man besonders gut auf der Satellitenkarte. Sie zeigt auch die enge Verbindung der Formen.

Adler, Ritter-Schütze, Steinbock und Wassermann liegen im Tal des Flusses Bawół, der zum Teil ihre Umrisse bildet und sie verbindet.

Im Norden verhinderten in früheren Zeiten bewaldete Dünenfelder den Durchfluss des Bawół, der im Winter zu einem riesigen Strom anschwoll. In dieser Zeit trat er über seine Ufer und setzte das ganze Gelände unter Wasser und vertrieb die Bewohner des Tales in höhere Gebiete. Oft war das Wasser im Tal gefroren und man konnte sich darüber einen Weg suchen.

In der Zeit des Wassermannes verringerte sich dann wieder der Wasserstand und der Frühling kündigte sich an.

Ausschnitt einer alten Karte der Region

Ein größerer Ort in diesem Gebiet ist Stawiszyn, er liegt im Zentrum der beschriebenen Figuren und in ihm scheinen sich alle Fäden zu bündeln zu einem besonderen Platz der Macht.

Ähnlich wie Stawiszyn mussten auch die Bewohner von Zbiersk (schon von der Wortbedeutung her ein Wasserbecken), ihren Wohnsitz in den Wald auf die sehr hohe Düne, Łyse Góry, in Richtung des heutigen Sägewerkes verlagern.

Düne in der Nähe des Dorfes Zbiersk